Anapher – Beispiele und Wirkung
Eine Anapher (griechisch ‚anaphorá‘ = ‚Rückbeziehung‘) ist ein rhetorisches Stilmittel, bei dem Wörter am Anfang aufeinanderfolgender Sätze, Satzteile, Strophen oder Verse einmal oder mehrfach wiederholt werden.
Eine Anapher hat die Wirkung, dass ein Text rhythmischer und strukturierter erscheint. Auch können bestimmte Wörter als bedeutsam hervorgehoben werden.
Anaphern findest du in verschiedenen Bereichen: der Literatur, der Rhetorik (z. B. in Reden) und der Werbung.
Verwendungsbereich | Beispiel |
---|---|
Literatur | „Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei“ („John Maynard“ von Theodor Fontane) |
Rhetorik | „Ich habe einen Traum, dass […] der Staat Mississippi […] zu einer Oase der Freiheit und Gerechtigkeit transformiert wird.
Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder […] in einer Nation leben werden, in der sie […] nach dem Wesen ihres Charakters beurteilt werden.“ (Martin Luther King) |
Werbung | „Noch intuitiver. Noch intelligenter. Noch mehr du.“ (Apple watchOS) |
Anapher: Beispiele je nach Verwendungsbereich
Auf Anaphern stößt du in verschiedenen Bereichen. Besonders häufig kommen sie in den folgenden Bereichen vor:
Literatur
In der Literatur sind Anaphern ein beliebtes Stilmittel. Du kannst sie z. B. in Gedichten finden.
Im obigen Beispiel ist die Anapher auf drei aufeinanderfolgende Verse verteilt. Alle drei Verse beginnen mit dem Wort ‚Aus‘.
Du kannst Anaphern auch oftmals in Erzählungen wie Kurzgeschichten finden.
Im obigen Auszug aus Kafkas Kurzgeschichte sind zwei verschiedene Anaphern vorhanden. Die erste Anapher ist die Wiederholung des Wortes ‚so‘ in zwei aufeinanderfolgenden Satzteilen.
Die zweite Anapher besteht aus zwei vollständigen Satzteilen (‚ich klage nicht‘), die direkt aufeinanderfolgen.
Bei einer Anapher muss die Wiederholung eines Wortes oder mehrerer Wörter also nicht pro Satz erfolgen. Sie kann auch innerhalb eines Satzes bzw. einzelner Satzteile vorkommen.
Rhetorik
Anaphern sind in der Rhetorik typisch, d. h. in der Redekunst. Sie finden z. B. in politischen Reden Anwendung.
In der obigen Rede vom Bundespräsidenten Steinmeier besteht die Anapher aus der Wiederholung der Wörter ‚Jede und jeder, der‘ in zwei aufeinanderfolgenden Sätzen.
Anaphern sind auch in anderen Bereichen der Rhetorik wie in Abschiedsreden erkennbar.
In der Abschiedsrede von Merkel ist die Anapher ‚Ich danke‘ enthalten, die an zwei aufeinanderfolgenden Satzanfängen wiederholt wird.
Werbung
Anaphern sind in der Werbung besonders beliebt, weshalb du sie häufig in den Slogans von Unternehmen finden kannst.
Im Beispiel von congstar siehst du, dass beide Sätze mit dem Wort ‚Du‘ anfangen. Es liegt also eine Anapher vor, die sich über zwei Sätze erstreckt.
Ein weiteres Beispiel einer Anapher in der Werbung stammt von der Sparkasse.
Im Fall der Sparkassen-Werbung wird dreimal das Wort ‚mein‘ wiederholt. Es steht jeweils am Anfang der einzelnen Satzteile, die durch Kommas voneinander abgegrenzt sind.
Wirkung einer Anapher mit Beispielen erklärt
Die Wirkung von Anaphern ist vielseitig. Sie lässt sich aber auf die folgenden drei Punkte beschränken, die du kennen solltest:
Hervorhebung von Schlüsselwörtern
Durch Anaphern werden in einem Satz oder einem Text besonders wichtige Wörter hervorgehoben. Dadurch wirst du zum Nachdenken über ihre Bedeutung angeregt.
Solche Schlüsselwörter kommen z. B. häufig in der Werbung vor, um das Produkt oder die Dienstleistung eines Unternehmens zu betonen.
Im obigen Beispiel von ratiopharm wird das Wort ‚gut‘ wiederholt, wodurch der Eindruck entsteht, dass es bedeutsam sein muss.
So erreicht das Unternehmen idealerweise, dass du seine Produkte mit etwas Positivem verbindest.
Rhythmisierung des Textes
Anaphern dienen dazu, einen Text rhythmisch zu gestalten. Das ist insbesondere in Gedichten relevant, um das Metrum bzw. Versmaß sicherzustellen.
Das Metrum oder Versmaß ist der Wechsel der betonten und unbetonten Silben in Versen.
Im Beispiel des Gedichts von Goethe bildet die Wiederholung des Pronomens ‚er‘ in drei aufeinanderfolgenden Satzteilen eine Anapher.
Durch die Wiederholung wirkt das Gedicht beim Lesen rhythmischer. Gleichzeitig entsteht der Eindruck einer Steigerung der körperlichen Nähe zwischen Vater und Sohn.
Dieser Eindruck kann hilfreich sein, wenn du das Gedicht zu interpretieren versuchst.
Strukturierung des Inhalts
Mithilfe von Anaphern kann ein Text geordneter wirken, da es die Wortwiederholungen erleichtern, dem Inhalt bzw. den Aussagen zu folgen.
Das kann z. B. in Reden hilfreich sein, die häufig umfassend und komplex sind.
In der Fernsehansprache von Merkel zur Coronapandemie beginnen drei aufeinanderfolgende Sätze mit dem Wort ‚wir‘.
Die Aussagen wirken so strukturiert und einprägsam, da eine klare Abfolge erkennbar ist.
Unterschied zu anderen Stilmitteln
Du musst aufpassen, die Anapher nicht mit anderen Stilmitteln zu verwechseln, die ähnlich sind. Du solltest die Anapher von den folgenden Stilmitteln abgrenzen können:
Alliteration
Bei der Alliteration folgen Wörter mit dem gleichen Anfangsbuchstaben bzw. Anfangslaut aufeinander. Ein typisches Beispiel sind Zungenbrecher.
Alliterationen dienen dazu, Aussagen einprägsamer zu gestalten und Aufmerksamkeit zu erzeugen. Sie werden deshalb z. B. wie Anaphern oft in der Werbung eingesetzt.
Unterschied zur Anapher: Bei der Alliteration haben aufeinanderfolgende Wörter den gleichen Anfangslaut. Es werden nicht wie bei der Anapher zwingend ganze Wörter wiederholt.
Anadiplose
Die Anadiplose ist wie die Anapher ein Stilmittel der Wortwiederholung. Bei ihr wird aber ein Wort (oder mehrere Wörter) am Ende eines Satzes am Anfang des darauffolgenden Satzes wiederholt.
Das ist jedoch nicht nur bei einem Satz, sondern auch bei einem Satzteil, einem Vers oder einer Strophe möglich.
Im obigen Beispiel siehst du, dass das Wort ‚Mehrheit‘ am Ende des ersten Satzes bzw. der Frage steht. Es wird dann am Anfang des nächsten Satzes wiederholt.
Mit der Wiederholung wird das Wort ‚Mehrheit‘ hervorgehoben, wodurch die Aufmerksamkeit der Lesenden geweckt wird.
Unterschied zur Anapher: Bei der Anadiplose wird ein Wort nicht jeweils am Anfang von Sätzen wiederholt. Stattdessen taucht es am Ende eines Satzes und am Anfang des nächsten Satzes auf.
Epipher
Die Epipher ist das Gegenstück zur Anapher. Die Wortwiederholung erfolgt nicht am Anfang eines Satzes, einer Strophe etc., sondern jeweils am Ende.
Im folgenden Beispiel wird das Wort ‚Moral‘ am Ende der beiden Satzteile wiederholt.
Die Wirkung einer Epipher ist aufgrund der Ähnlichkeit mit jener der Anapher vergleichbar.
Unterschied zur Anapher: Bei der Epipher wird ein Wort am Ende und nicht am Anfang eines Satzes, eines Verses etc. wiederholt. Der Unterschied liegt also in der Position.
Kyklos
Beim Kyklos wird ein Wort am Anfang eines Satzes am Ende desselben oder eines anderen Satzes wiederholt.
Es muss sich nicht unbedingt um Sätze handeln; auch bei Satzteilen, Strophen und Versen ist die Wiederholung möglich.
Im obigen Beispiel tritt das Wort ‚vergehen‘ am Anfang und am Ende desselben Satzes auf. Das Stilmittel des Kyklos bildet also sozusagen einen Rahmen.
Unterschied zur Anapher: Beim Kyklos stimmen das Wort am Anfang und das Wort am Ende eines Satzes, eines Verses etc. überein.
Symploke
Die Symploke ist die Kombination aus Anapher und Epipher. Das heißt, ein Wort wird am Anfang eines Satzes und ein weiteres Wort am Ende desselben oder eines anderen Satzes wiederholt.
Die Symploke tritt oft als Aneinanderreihung von Fragen mit dem gleichen Fragewort und der gleichen darauffolgenden Antwort auf.
Im Beispiel der MAOAM-Werbung wird jeweils das Wort ‚wollt‘ am Satzanfang (Anapher) und das Wort ‚nein‘ am Satzende bzw. als anschließende Frage (Epipher) wiederholt.
Unterschied zur Anapher: Es gibt insgesamt zwei Wortwiederholungen: eine Wortwiederholung am Anfang und eine am Ende.
Verwendung in wissenschaftlichen Arbeiten
Anaphern solltest du in einer wissenschaftlichen Arbeit besser weglassen, denn diese kann aufgrund der Wortwiederholungen am Satzanfang schnell monoton klingen.
Ein hilfreicher Tipp ist daher, deine Sätze möglichst abwechslungsreich zu gestalten und auf sich wiederholende Satzanfänge zu achten.
Im obigen Beispiel siehst du, dass sich eine Anapher leicht vermeiden lässt, indem du Sätze miteinander verbindest und/oder umstellst. So liest sich ein Text gleich viel flüssiger.
Andere wichtige Stilmittel
Neben der Anapher gibt es weitere Stilmittel, die du kennen solltest. Vor allem die nachfolgenden sind häufig in der Literatur, der Werbung etc. zu finden:
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Häufig gestellte Fragen
- Was ist eine Anapher?
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Eine Anapher ist ein rhetorisches Stilmittel der Wortwiederholung. Das bedeutet, ein Wort oder mehrere Wörter werden zu Beginn aufeinanderfolgender Sätze wiederholt.
Es kann sich dabei auch um Satzteile, Strophen oder Verse handeln.
- Was ist ein Beispiel für eine Anapher?
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Ein Beispiel für eine Anapher sind zwei Verse des Gedichts „Willkommen und Abschied“ von Johann Wolfgang von Goethe:
„Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde!
Es war getan fast eh gedacht.“
In beiden Versen steht am Satzanfang das Wort ‚es‘, weshalb eine Anapher vorliegt.
- Welche Wirkung hat eine Anapher?
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Eine Anapher hat drei unterschiedliche Wirkungsweisen:
- Hervorhebung von Schlüsselwörtern
- Rhythmisierung des Textes
- Strukturierung des Inhalts
Die drei Wirkungsweisen treten häufig gemeinsam auf und sind daher nicht immer klar voneinander abgrenzbar.
- Kann eine Anapher in wissenschaftlichen Arbeiten benutzt werden?
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Eine Anapher sollte in wissenschaftlichen Arbeiten vermieden werden, weil sich wiederholende Satzanfänge oft monoton klingen.
Sätze sollten demnach besser abwechslungsreich sein.
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