Was ist eigentlich Kongruenz - KNG?
Kongruenz bedeutet so viel wie „Übereinstimmung“. Diese Übereinstimmung bezieht sich auf die grammatikalische Form der Wörter (also meistens auf die Endungen). Sie muss in deutschen Sätzen bei zusammengehörigen Satzteilen gegeben sein, damit der Satz einen Sinn ergibt.
- Kongruenter Satz: „Die kleinen Kinder spielen mit den ausgeruhten Erwachsenen Tennis.“
- Nicht kongruenter Satz: „Dem kleiner Kinder spielt mit die ausgeruhtes Erwachsene Tennis.“
Ganz klar: Der zweite Satz klemmt irgendwie, die Teile und die Endungen passen nicht zueinander.
Warum ist das so?
Der Grund ist ganz einfach: Es gibt im Deutschen eine ganze Reihe Wortarten, die immer eine bestimmte Endung haben müssen, damit klar wird,
- wie die Wörter gemeint sind,
- zu welchen anderen Wörtern im Satz sie gehören und
- was sich auf sie bezieht.
Was ist nun aber eine Endung?
Wörter, die sich in dieser Weise verändern, haben meistens einen festen Bestandteil, der sich nie oder nur ein kleines bisschen verändert.
Diesen Teil nennt man den Wortstamm. Der Wortstamm entspricht meistens der Grundform (Nominativ); dazu später mehr.
Ein anderer Teil des Wortes kann (!) sich verändern, wenn das Wort in einem bestimmten Zusammenhang benutzt wird.
Dieser Teil ist dann die Endung. Die Endung steht, wie der Name schon sagt, ganz am Ende des Wortes. Oder eben nicht; auch hierzu gleich mehr.
Kasus
Nominativ
Das Wort „Hund“ etwa steht hier als Grundform. Es hat keine Endung. „Hund“ ist zugleich auch der Wortstamm. Dieser Fall soll für uns der erste sein, den wir betrachten.
Der Genitiv
Nun will ich z. B. ausdrücken, dass etwas, das zu dem Hund gehört, einen possessiven Bezug zu ihm hat: seine Hütte. Das kann ich auf verschiedene Arten machen. Eine einfache Möglichkeit: Ich nutze die Besitzform (Genitiv). Das ist der zweite Fall, den wir betrachten wollen.
Nun hat sich das Wort verändert: von „Hund“ zu „Hundes“. Die vorher freistehende Grundform hat nun eine angehängte Endung erhalten.
Außerdem hat sich gleichzeitig ein anderes Wort verändert: Das kurze Wort „der“ hat nun eine andere Buchstabenfolge am Ende: –es. Warum? Es ist der Artikel zu „Hund“ und hat sich hier an die neue Form angepasst – also an den Genitiv.
Es gibt noch zwei weitere Formen dieser Art, um die Beziehungen zwischen Wörtern im Satz auszudrücken.
Der Dativ
Form Nummer 3 nennt man auch den Wem-Fall bzw. Dativ. Diese Form drückt z. B. aus, wenn ich jemandem etwas zuweise oder gebe. Auch Raumbeziehungen werden oft damit ausgedrückt.
Was ist nun passiert? Der Inhalt der Aussage hat sich verändert, aber das Hauptwort „Hund“ hat keine neue Endung bekommen. Nur der Artikel hat sich wieder verändert: Er endet jetzt auf –em.
Genau: Der Wortstamm hat nicht in jedem Fall eine andere Endung. Ob und in welchem Fall ein Wort im Deutschen eine Endung erhält, ist vielen Regeln, aber leider auch Ausnahmen unterworfen. Für unseren „Hund“ gilt, dass er in diesem Fall (dem dritten Fall/Wem-Fall/Dativ) keine Endung erhält.
Wenn ein Hauptwort wie „Hund“ sich aber äußerlich nicht verändert, wenn wir die Bedeutung (also den Fall) ändern, können wir diese Änderung nur indirekt erschließen – z. B. über die Endungen anderer Wörter, die zu diesem Wort gehören. Im Beispiel wäre das der Artikel „dem“.
Der Akkusativ
Fall Nummer vier heißt im Deutschen Akkusativ. Er wird auch als Wen-Fall bezeichnet. Seine Satzaussage dreht sich um Fragen wie: Wen oder was spreche ich an? Wen rufe ich? Wen oder was mag ich? In Bezug auf wen oder was wird etwas getan?
Und wieder hat sich nur die Artikelendung verändert. Sie lautet jetzt: –en und sie kennzeichnet, dass hier abermals eine andere Bedeutung als in den übrigen drei Fällen vorliegt.
Kasus | Beispiel | Fall |
---|---|---|
Nominativ | der Hund | Grundform/wer-Fall |
Genitiv | des Hundes | Besitzform/Wessen-Fall |
Dativ | dem Hund | Wem-Fall |
Akkusativ | den Hund | Wen-Fall |
Diese vier verschiedenen Fälle heißen auch Kasus – das ist eine Mehrzahlform (in der Einzahlform lautet das Wort übrigens ebenfalls ‘Kasus’).
Es gibt für diese vier Fälle sehr viele Regeln dazu, wie man sie bildet. Man kann sie bei uns oder auch im Duden nachschlagen. Folgendes haben wir aber in den Beispielen klar dargestellt:
Numerus
Einzahl (Singular) oder Mehrzahl (Plural) ist ein weiterer wichtiger Aspekt, der unter Umständen auch Einfluss auf die Endung hat. Auf jeden Fall drückt sich damit ein Zahlunterschied aus. Deshalb heißt diese Eigenschaft von Wörtern auch der Numerus.
Beispiel: Singular
„Der Hund bellt die ganze Nacht lang.“
Beispiel: Plural
„Die Hunde bellen die ganze Nacht lang.“
Hier zeigen sich im Plural unterschiedliche Endungen. Sie sehen anders aus als bei den Kasus; auch hierfür gibt es eine Menge Regeln im Deutschen, die wir hier aber nicht wiedergeben können.
Der Numerus im Singular und der Numerus im Plural unterscheiden außerdem jeweils eigene Personalpronomen mit einer Ordnungszahl:
- ich (1. Person Singular)
- du (2. Person Singular)
- er, sie, es (3. Person Singular
- wir (1. Person Plural)
- ihr (2. Person Plural)
- sie (3. Person Plural)
In jedem Fall gilt aber:
Genus
Neben dem Kasus und dem Numerus gibt es noch eine dritte Worteigenschaft. Die bezieht sich nun nicht auf den Fall und auch nicht auf Zahl, sondern auf das Geschlecht. Gemeint ist hier konkret das grammatikalische Geschlecht. Davon gibt es im Deutschen drei:
- männlich (maskulin; Artikelgrundform: der)
- weiblich (feminin; Artikelgrundform: die)
- sächlich (neutrum; Artikelgrundform: das)
Die meisten Gegenstandswörter (Substantive) im Deutschen haben eines dieser drei Geschlechter. Es ist also überwiegend festgeschrieben. In der Grundform mit Artikel kann man es oft gut am Artikel erkennen, z. B.:
- der Hund
- die Hütte
- das Abendessen
Ausnahmen gibt es auch: Manchmal hat ein Wort mehrere grammatikalische Geschlechter. Das hängt dann davon ab, was damit ausgedrückt wird, z. B.
- die Partikel (Singular feminin – grammatikalische Wortart; kirchliche Hostie bzw. Reliquie o. Ä.)
- das Partikel (Singular neutrum – sehr kleines Teilchen einer größeren Menge)
Anhand der Artikel hast du es sicher schon geahnt:
Was hat das nun mit Kongruenz zu tun?
In deutschsprachigen Sätzen müssen eng verbundene Satzteile also in diesen drei Kriterien übereinstimmen (Kongruenz):
Hierfür gibt es die Abkürzung KNG, für ‚Kasus‘ (Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ), ‚Numerus‘ (Singular, Plural) und ‚Genus‘ (maskulin, feminin, neutral).
Der Vorgang, bei dem eng verbundene Satzteile so angepasst werden, heißt auch ‚Deklinieren‘.
Nur bei dieser Übereinstimmung werden eindeutige Bezüge und sinnvolle Aussagen ermöglicht. Fehlt also die KNG-Kongruenz, gibt es i. d. R. auch keinen sinnvollen Satz!
Beispiel: KNG-Kongruenz
„Der graue Hund spitzt die langen Ohren.“
Das Substantiv „Hund“ ist hier männlich (Genus). Aufgrund seiner Funktion im Satz (sog. Subjekt) steht es im Nominativ (Kasus). Es handelt sich um einen einzigen Hund, daher steht der Begriff im Singular (Numerus).
Da über den Hund berichtet wird und er somit weder aus der Ich-Perspektive berichtet (das wäre die 1. Person) noch direkt angesprochen wird (das wäre die 2. Person), steht der Begriff in der 3. Person Singular.
Entsprechend wird auch der zugehörige Artikel „Der“ maskulin im Singular gebildet und steht im Nominativ.
Das Eigenschaftswort (Adjektiv) „graue“ bezieht sich ebenfalls auf den Hund (also auf das Subjekt), deshalb wird es analog gebildet (Nominativ Singular maskulin).
Der passende Wortverband des Tätigkeitswortes (Verb bzw. Prädikat) zum Subjekt wird analog gebildet: „Der Hund“ steht im Singular, deshalb wird die 3. Person Singular von „spitzen“ gewählt („[er] spitzt“).
Unabhängig davon hat das Plural-Substantiv „Ohren“ ebenfalls ein Genus (neutral). Der zugehörige Artikel und das Adjektiv werden deshalb im gleichen Genus und im gleichen Numerus gebildet (Plural neutral).
Da das Verb „spitzen“ in seiner vorliegenden Bedeutung den Akkusativ erfordert, muss das gemeinte Substantiv (also die Sache, die gespitzt wird) passend dekliniert (= in Kasus, Numerus und Genus angepasst) werden. Daher steht die Wortgruppe „die langen Ohren“ hier im Akkusativ.
Es sind demnach zwei KNG-kongruente Wortgruppen enthalten:
- Der graue Hund spitzt
- die langen Ohren.
Welche Ausnahmen und Problemfälle gibt es?
Eine Basisregel besagt also: Subjekt und Verb/Prädikat müssen beim Numerus übereinstimmen. Da das Deutsche jedoch bekanntlich voller Ausnahmen ist, gibt es hiervon einige Abweichungen. Die Regel gilt bspw. nicht, wenn
- ein mehrteiliges Subjekt vorliegt, dessen einzelne Teile nicht den gleichen Numerus aufweisen,
- das Subjekt grammatikalisch im Singular steht, aber eine pluralische Bedeutung damit verknüpft wird, oder
- das Subjekt grammatikalisch im Plural steht, aber eine singularische Bedeutung damit verknüpft ist.
In solchen Fällen sind bestimmte Abweichungen zulässig (z. B. der sog. distributive Singular), weil die Formen fallweise nicht nur streng unter grammatikalischen Gesichtspunkten gebildet werden, sondern auch inhaltliche oder syntaktische Tendenzen wirken.
Es muss z. B. überlegt werden, welches Bindewort verwendet wird (und/oder/bzw./auch etc.), welcher Subjektteil für die Aussage wichtiger ist oder welcher Subjektteil näher am Verb steht. In vielen Fällen sind auch Varianten möglich.
Wie soll ich mir das merken? Gibt’s dafür einen Trick?
Die kurze Antwort: Leider wirklich nicht.
Das Deutsche kennt leider viel zu viele Unregelmäßigkeiten und unterschiedliche Entwicklungslinien bestimmter Wortklassen und Wortendungen. Eine Faustregel, die meistens greifen würde, existiert leider nicht.
Es bleibt daher nur, die Fall-, Genus- und Numerus-Endungen für gängige Formen zu lernen (mit den häufigsten Ausnahmen). Dann bist du für 95 % aller Fälle gut gerüstet. Trotzdem bleibt es knifflig.
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