Verständlichkeit und Präzision in wissenschaftlichen Texten
Wissenschaftliche Texte zeichnen sich dadurch aus, dass sie sowohl verständlich als auch präzise formuliert sind. Schlecht gewählte Wörter können für Verwirrung sorgen oder sogar Zweifel an deiner Kompetenz hervorrufen.
Wenn du jedoch gewisse Grundregeln befolgst, wirst du beim Schreiben sicherer und präziser.
Versuche,
- präzise Angaben zu machen,
- Fachausdrücke zu verwenden und
- eine Rechtschreibprüfung zu benutzen
Vermeide
- einen ‚geschwollenen‘ Sprachstil und
- Anthropomorphismen.
Die wichtigsten Regeln zu Verständlichkeit und Präzision
Kategorie | Korrekt | Falsch |
---|---|---|
geschwollene Sprache vermeiden | Die ausgewählten Teilnehmenden wurden darum gebeten, ausschließlich vertrauenswürdige Kontaktpersonen zu nennen. | Die auserkorenen Partizipierenden wurden bei Gelegenheit darum gebeten, ausschließlich honorige Kontaktpersonen darzubringen. |
präzise Angaben machen | Nur 11 % der Studierenden gaben an, sich aktiv für den Umweltschutz einzusetzen. | Nur wenige Studierende gaben an, sich aktiv für den Umweltschutz einzusetzen. |
Fachausdrücke verwenden | Mithilfe dieser Maßnahmen können voraussichtlich Gewinne in Höhe von 1,3 Mio. Euro generiert werden. | Mithilfe dieser Maßnahmen sollte es gelingen, deutlich schwarze Zahlen zu schreiben. |
auf Anthropomorphismen verzichten | In dieser Arbeit wird der Frage nachgegangen, wie sich die ersten Lebensmonate auf das Bindungsverhalten auswirken. | Diese Arbeit geht der Frage nach, wie sich die ersten Lebensmonate auf das Bindungsverhalten auswirken. |
Vermeide ‚geschwollene‘ Formulierungen
Du solltest nach Möglichkeit einfach formulieren und komplexe Satzstrukturen vermeiden. So kannst du verhindern, dass lange und schwer verständliche Sätze entstehen.
Wissenschaftliche Texte sollen flüssig zu lesen und gut verständlich sein, damit die Lesenden sich ganz auf den Inhalt konzentrieren können. Für kreative Formulierungen sind eher Erzählungen oder Gedichte der richtige Ort.
Verständlich schreiben mit Phraseologismen
Viele Wörter werden oft in Verbindung mit bestimmten anderen Wörtern verwendet. Solche Kombinationen nennt man ‚Phraseologismen‘.
Wir gebrauchen sie ständig und merken es meist gar nicht, wenn wir zum Beispiel sagen:
- Ich gehe heute Abend essen und nicht etwa umständlich: Ich gehe heute Abend zum Essen in ein Restaurant.
- Ich benötige sowohl Kleber als auch Stift und Schere anstatt: Ich benötige sowohl Kleber und auf der anderen Seite Stift und Schere.
- Er tanzt aus der Reihe anstelle von: Er macht etwas anders als die anderen.
Wenn du in wissenschaftlichen Arbeiten unübliche Wortverbindungen wählst, baust du in deinen Text Stolpersteine ein.
Ein guter Weg, passende Wortverbindungen zu finden, besteht darin, einfache und naheliegende Formulierungen zu wählen. Verzichte lieber auf ausgefallene Ausdrücke, wenn du dir nicht ganz sicher bist, wie sie verwendet werden.
So ist dein Text vielleicht etwas weniger elegant, aber dafür klarer und leichter zu lesen. Eine Hilfe in Zweifelsfällen ist die Datenbank des Digitalen Wörterbuchs der deutschen Sprache. Dort kannst du zum Beispiel prüfen, welche Präposition üblicherweise mit einem bestimmten Verb verwendet wird.
Stelle verständliche Bezüge her
Pronomen wie ‚dieser‘, ‚das‘ oder ‚es‘ sind unverzichtbare Hilfsmittel, um Aussagen gut verständlich aufeinander zu beziehen. Falsche Bezüge können aber nicht nur irritieren, sondern schlimmstenfalls sogar zu fehlerhaften Aussagen führen.
Ein Demonstrativpronomen wie ‚diese‘ bezieht sich immer auf das Wort, das der Form nach zu ihm passt und zuletzt verwendet wurde – hier also ‚Maus‘. Dementsprechend würde hier die Maus die Katze verspeisen. Daher sollte umformuliert werden, zum Beispiel so:
Wenn du dir nicht sicher bist, ob ein Pronomen einen korrekten Bezug zu einem Hauptwort hat, solltest du dieses Hauptwort lieber wiederholen, auch wenn das stilistisch nicht optimal ist. Denn dann ist die Textstelle zumindest richtig und klar.
Schreibe so präzise wie möglich
In einer wissenschaftlichen Arbeit sollten alle Angaben so präzise wie möglich sein. So verweist du zum einen auf deine eingehende Recherche und zum anderen bleibt kein Raum für Interpretationen oder Missverständnisse.
Vermeide Angaben wie
- seit einigen Jahren, seit einigen Jahrzehnten, seit einiger Zeit,
- der Großteil, die Mehrheit, die meisten,
- ein kleiner Teil, wenige, ein paar, einige oder
- etwas, ein bisschen, relativ, eventuell.
Nutze stattdessen
- Jahreszahlen,
- enge Zeitfenster,
- möglichst genaue Schätzungen oder
- Prozentangaben.
Bevor du einen Absatz schreibst, solltest du dir zunächst genau überlegen, was du erklären möchtest. So kannst du dir einen Überblick über alle notwendigen Zahlen und Fakten verschaffen, die du hierzu verarbeiten musst.
Du kannst deine Aussagen zudem präzisieren, indem du die kausalen Zusammenhänge von Sätzen, Teilsätzen und Satzteilen mit geeigneten sprachlichen Mitteln verdeutlichst.
Zusammenhänge kannst du herstellen mit
- Präpositionen, z. B. ‚wegen‘, ‚durch‘, ‚ohne‘, ‚für‘,
- Konjunktionen, z. B. ‚weil‘, ‚obwohl‘, ‚zumal‘ oder
- Konnektoren, z. B. ‚daher‘, ‚damit‘, ‚folglich‘, ‚dennoch‘.
In der wissenschaftlichen Sprache ist es immer wieder erforderlich, Begründungen zu liefern und Kausalzusammenhänge herzustellen.
Wenn du es versäumst, deine Sätze entsprechend miteinander zu verknüpfen, müssen die Lesenden diese gedankliche Arbeit leisten. Das ist aber deine Aufgabe als Autor/-in.
Oft ist es auch nötig, Gegensätze und Einschränkungen hervorzuheben. Dazu dienen unter anderen diese Wörter: ‚dennoch‘, ‚gleichwohl‘, ‚allerdings‘, ‚nichtsdestoweniger‘.
Verwende Fachausdrücke
Noch bevor du mit dem Schreiben beginnst, solltest du die Bedeutung der Fachbegriffe klären, die für deine Arbeit zentral sind.
Es kann nützlich sein, dir dafür ein Glossar anzulegen, auch wenn das gar kein Teil der Abschlussarbeit werden soll. Es wirkt außerdem inkompetent, wenn du Grundbegriffe deines Fachbereichs nicht gut kennst.
Auch wenn du in deinem Text Wiederholungen nach Möglichkeit vermeiden solltest, ist die Verwendung von Synonymen für Fachbegriffe nicht ratsam. In diesen Fällen kann es unklar sein, ob du mit dieser Variation irgendeine Aussage beabsichtigst.
Fachbegriffe wiederholen sich – das lässt sich kaum vermeiden.
Formuliere ohne Anthropomorphismen
Wenn ein unbelebtes Substantiv mit einer menschlichen Eigenschaft versehen wird, bezeichnet man dies als Anthropomorphismus.
In literarischen Texten, die unterhalten sollen, wird dieses Stilmittel häufig verwendet, in einer wissenschaftlichen Arbeit solltest du jedoch darauf verzichten.
Du kannst Anthropomorphismen vermeiden, indem du auf eine Passivkonstruktion ausweichst oder ein belebtes Subjekt einsetzt.
Häufig gestellte Fragen
- Wie schreibe ich verständlich und präzise?
-
Verständlichkeit erreichst du, indem du auf ‚geschwollene‘ Formulierungen verzichtest und die Zusammenhänge zwischen einzelnen Sätzen verdeutlichst. Präzisiere deine Angaben mithilfe von Jahres- und Prozentzahlen oder genauen Zeiträumen.
- Soll ich Fachausdrücke verwenden?
-
Ja, durch Fachausdrücke sind deine Angaben unmissverständlich und du zeigst zudem, dass du dich in deinem Fachbereich gut auskennst.
- Was ist ein Anthropomorphismus?
-
Ein Anthropomorphismus entsteht, wenn ein unbelebtes Substantiv mit einer menschlichen Eigenschaft versehen wird. Das solltest du in wissenschaftlichen Texten vermeiden. Schreibe zum Beispiel ‚In dieser Arbeit werden die Entwicklungen untersucht.‘ anstatt ‚Diese Arbeit untersucht die Entwicklungen.‘.
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